Virtuell führen – wie kann das funktionieren? Welche Mittel gibt es, um miteinander in Kontakt zu sein, wenn kein Kontakt erlaubt ist? Wie funktioniert Zusammenarbeit auf Distanz? Als Executive Coach berate ich Führungskräfte aus den unterschiedlichsten Branchen. Mit einigen habe ich darüber gesprochen, welche Formen von Teamarbeit sie während des Corona-Lockdowns gewählt haben. Ihre Tipps zu den funktionalsten Groupware-Lösungen fasse hier im vierten Teil meiner Blogserie „Virtuelle Führung“ zusammen – selbstverständlich ohne Anspruch auf Vollständigkeit.
Was früher das Meeting war, ist heute die Videokonferenz. Damit kommen alle zumindest virtuell an einen Tisch. Aber welche Tools gibt es eigentlich und welche Erfahrungen wurden damit gemacht? Bei meinen Klienten* und mir waren Google meets, Microsoft Teams, Skype for Business, Go-to-Meeting, Slag und natürlich Zoom im Einsatz. Bei allen genannten Anwendungen ist auch während der Konferenz der Austausch über die Chatfunktion möglich.
Bei Google meets wurde die schnelle und unkomplizierte Möglichkeit für Videokonferenzen positiv hervorgehoben, ganz gleich, ob nur zwischen Mitarbeiterin und Vorgesetzter, im kleinen Team oder sogar bei großen Gruppen bis 250 Personen. Wer Microsoft Teams nutzt, kann in der Konferenzfunktion neun Teilnehmer gleichzeitig sehen; die Bilder wurden insgesamt als recht klein empfunden, was die Deutung nonverbaler Kommunikation erschwerte. Dennoch funktionierte es auch im internationalen Austausch gut, fand Verwendung mit externen Partnerfirmen, auch im asiatischen Raum.
Als zweite Option für formellere Konferenzen wurde GoToMeeting genannt, bei der ebenfalls mehrere Sprecher gleichzeitig angezeigt werden. Auch hier sind in der kostenpflichtigen Version bis zu 250 Teilnehmer möglich. Alle genannten Konferenz-Lösungen setzen voraus, dass ein Meeting vorher angemeldet wird und sich die Teilnehmer dann zuschalten.
Auch Zoom unterstützt hochauflösende Videokonferenzen und war meist für mich das Mittel der Wahl. Es lässt sich auch für virtuelle Teamarbeit oder Online-Trainings verwenden. Die monatliche Gebühr staffelt sich je nach Teilnehmeranzahl (bis zu 200), eine kostenlose Version ermöglicht 40-minütige Konferenzen. Der entscheidende Vorteil für mich war, dass Zoom einen sogenannten „Breakout-Room“ ermöglicht, eine Art virtueller Nebenraum, in den sich kleinere Gruppen zurückziehen können – enorm hilfreich, weil sich Punkte so schnell und unkompliziert zwischendrin klären lassen.
Slag bezeichnete eine von mir Befragte als ihr „Lieblingstool“ für interne Kommunikation. Es bietet eine sehr unmittelbare Kommunikation, hier wird immer nur der Sprecher angezeigt. Es funktioniere schnell und unkompliziert, und man muss nicht extra vorab einen Termin vereinbaren, sondern kann Kollegen auch spontan anrufen. Ein großer Pluspunkt, wenn schnell etwas von Angesicht zu Angesicht geklärt werden soll.
Vor allem in den ersten Wochen des Lockdowns gaben viele meiner Klientinnen an, auf allen Kanälen bombardiert worden zu sein – via Mail, Chat, Telefon, Video, SMS und Handy. Schnell wurde klar, dass Optionen benötigt werden, um Dokumente besser abzustimmen, Präsentationen zusammen am Bildschirm zu bearbeiten und vieles mehr.
„Wir haben uns schnell bemüht, Struktur zu schaffen und mit Plattformen wie Sharepoint, One Drive und anderen agilen Methoden gearbeitet. Darüber lassen sich Dokumente nicht nur versenden, sondern auch aufbewahren und ordnen.“ (AH, Managerin aus der Logistikbranche)
„Wir haben gerade letztes Jahr komplett auf GSuite umgestellt und die Applikationen zur Kommunikation und Zusammenarbeit helfen jetzt ungemein. Insbesondere Google meets ermöglicht schnelle und unkomplizierte Videokonferenzen. Die Ablage von Dateien im GDrive schafft die Möglichkeit, gemeinsam und sogar gleichzeitig Dokumente zu bearbeiten, was die virtuelle Projektarbeit unterstützt. Wir haben auch schon Workshops durchgeführt unter Zuhilfenahme von virtuellen Whiteboards mit Microsoft Sticky Notes, um virtuelles Brainstorming durchzuführen.“ (VF, HR Managerin in der Luftfahrtindustrie)
Während Sticky Notes wie digitale Post-it-Zettel funktionieren, mit denen man sich jederzeit direkt auf dem eigenen Desktop Notizen machen kann, sind virtuelle Whiteboards beispielsweise von Microsoft Teams eine gute Möglichkeit, gemeinsame Gedanken festzuhalten, zu sortieren und zu strukturieren. Im Gegensatz zum physischen Meeting für ein Brainstorming schreiben hier alle mit – und es muss nicht einer als Schriftführer am Flipchart stehen. Eine weitere gute Option dafür ist Trello:
„Wir haben gern Trello genutzt, um uns zu strukturieren. Projekte lassen sich in Einzelschritte, sogenannte Trello-Karten einteilen, und man sieht immer, was schon erledigt und was noch zu tun ist. Kommentare, Anhänge, Fälligkeitsdaten und vieles mehr lassen sich direkt an die Karten anhängen.“ (JF, Manager eines Import- und Handelsunternehmens)
Die Liste ist bei weitem nicht vollständig – und doch zeigt die Vielzahl der in diesem Artikel genannten Lösungen, dass die Tech-Welt schon lang für agiles Arbeiten bereit ist. Einige Software-Optionen wurden bereits vor Corona genutzt, dennoch zwang die Notsituation der Pandemie viele von uns, sich damit intensiver zu beschäftigen. Alle Befragten gaben an, künftig mehr davon zu nutzen und auch immer mal wieder Neues ausprobieren zu wollen. Na, dann: Auf ins agile Arbeitsleben!
Im Zuge meiner Tätigkeit als Dozentin an der FOM Hochschule für Ökonomie und Management habe ich mich intensiv mit virtueller Führung auseinandergesetzt. Als Executive Coach erlebe ich zudem täglich den praktischen Arbeitsalltag von Führungskräften. Corona hat sie alle vor ganz neue Herausforderungen gestellt: Digitales Arbeiten war mit einem Schlag Realität. Ich habe mit einigen von Ihnen zu den aktuellen Herausforderungen gesprochen und die Ergebnisse für diesen Blogserie gebündelt.
In der nächsten und letzten Folge meiner Blogserie zum Thema „Virtuelle Führung“ fasse ich die Erfahrungen und Tipps zum Thema „Führung auf Distanz“ zusammen.
* Liebe Leserinnen und liebe Leser! In meinen Blogtexten benutze ich abwechselnd die weibliche und männliche Form. Ich habe mich dafür entschieden, um den Lesefluss nicht durch *innen oder ähnliche Variationen des Genderns zu stören.